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Verhandlungen unter Beschuss: Warum Teheran mit Raketen spricht

Der Angriff auf Israels Flughafen Ben Gurion war kein Terrorakt – sondern Teil einer strategischen Erpressung. Die USA verhandeln mit dem Iran über Uran, während die Stellvertreter das Feuer eröffnen. Und das Schweigen ist Teil des Deals.

Ben Gurion – ein Angriff auf den Verhandlungstisch

Der Raketenangriff auf den Flughafen Ben Gurion ist kein isolierter Akt des Terrors. Er ist Teil eines präzise kalkulierten Machtspiels. Nicht das Ausmaß der Zerstörung zählt, sondern der Zeitpunkt, das Ziel – und der Adressat. Die Rakete explodierte nicht irgendwo, sondern nahe des wichtigsten zivilen Flughafens Israels, einem Symbol internationaler Anbindung und Sicherheitsgarantie. Dass sie nicht abgefangen wurde, ist ein diplomatischer Schlag – gegen Israel, gegen die USA, gegen das westliche Sicherheitsversprechen.

Und das genau zu einem Moment, in dem US-Diplomat Steve Witkoff in zähen Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi ringt – über ein neues Atomabkommen. Die Botschaft aus Teheran kam nicht durch Worte. Sie kam mit Sprengkopf.

Die Rakete als Teil des Verhandlungsprotokolls

Wer glaubt, dass die jemenitischen Huthis aus eigenem Antrieb Israels Hauptflughafen ins Visier nehmen, verkennt die Architektur dieses Krieges. Ansar Allah ist keine autonome Kraft. Sie ist der verlängerte Arm Teherans. Und dieser Arm schlägt genau dann zu, wenn es aus Sicht der Strategen notwendig wird, Druck auf Washington auszuüben – ohne eigene Flagge, aber mit klarer Handschrift.

Die US-Regierung verhandelt – aber nicht über das, was wirklich zählt. In Wien geht es um Anreicherungsgrade und Inspektionen. Aber weder Hisbollah noch Huthis, weder Raketenterror noch die systematische Unterwanderung regionaler Stabilität stehen auf der Agenda. Araghchi sagt das offen – und reist danach direkt weiter nach Moskau. Dort wird abgestimmt, wie viel Eskalation nötig ist, damit der Westen zu weiteren Zugeständnissen bereit ist.

Die Raketen sind nicht das Gegenteil der Verhandlung – sie sind ihre Sprache.

Diese Strategie ist nicht neu, aber effektiv: Während die einen in Konferenzräumen sitzen, testen die anderen auf dem Schlachtfeld die Geduld und die Schmerzgrenze des Gegners. So, wie Putin Bomben auf Charkiw wirft, während er über „Sicherheitsgarantien“ spricht, lässt Teheran Raketen auf Tel Aviv feuern – um Einfluss auf den Verlauf der Gespräche zu nehmen.

Verhandlungen unter Beschuss – und der Preis westlicher Illusionen

Der Angriff auf Ben Gurion war kein Unfall, keine Überreaktion, kein Betriebsunfall einer Miliz. Er war ein geopolitisches Statement: Verhandelt mit uns – aber vergesst nie, wer hier die Eskalation kontrolliert. Es ist ein hybrides Diplomatiemodell, das nicht auf Vertrauen, sondern auf Angst basiert. Wer darauf eingeht, macht sich zum Geiselnehmer seiner eigenen Friedenssehnsucht.

Denn solange Washington weiterhin nur über Zentrifugen spricht, aber nicht über die Raketenträger in Sanaa, Beirut und Damaskus, wird sich nichts ändern. Im Gegenteil: Jede neue Verhandlungsrunde, die Teheran nicht sanktioniert, sondern hofiert, wird zum Freibrief für den nächsten Angriff.

Die Rakete auf Ben Gurion war keine Provokation. Sie war eine Einladung zur Kapitulation. Nicht sofort, nicht öffentlich – aber schleichend. Durch weitere Konzessionen. Durch diplomatische Blindheit. Durch die Weigerung, den Gegner als das zu benennen, was er ist: Ein Regime, das mit Stellvertreterkriegen verhandelt – und mit Terror redet.

Wer das nicht versteht, wird nicht nur Explosionen auf dem nächsten Flughafen bekommen – sondern nach und nach die Kontrolle über die gesamte Ordnung verlieren, die ihn schützt.