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Trumps Treffen mit Selenskyj: Ein Signal, aber kein Durchbruch
Was das Gespräch am Rande der Beerdigung von Papst Franziskus für die Ukraine wirklich bedeutet.
Manchmal sind es die kleinen Gesten, die mehr sagen als lange Erklärungen. Während der Beerdigung von Papst Franziskus, einem weltpolitischen Moment voller Symbolik, trafen sich Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump zu einem bilateralen Gespräch – und allein diese Begegnung zieht einen Schlussstrich unter die dunklen Schatten des Oval-Office-Skandals, der ihre letzte Zusammenkunft überschattet hatte. Erinnern wir uns: Damals ging es nicht nur um umstrittene Rohstoffdeals, sondern auch um die schwebende Unsicherheit der amerikanischen Militärhilfe für die Ukraine – ein Vorgang, der das politische Klima erheblich vergiftete.
Dass nun, rund hundert Tage nach Trumps neuer Amtsübernahme, überhaupt ein Treffen zustande kam, zeigt, dass Diplomatie sich manchmal leise, fast unbemerkt weiterentwickelt. Ursprünglich war eine größere Gesprächsrunde mit Emmanuel Macron angedacht, doch es blieb bei einem direkten Austausch zwischen Selenskyj und Trump. Vielleicht kein Nachteil, denn Trump ist bekanntlich kein Freund langer, substanzieller Gespräche. Seine Neigung, unangenehme Wahrheiten zu meiden und sich lieber von seinen eigenen Illusionen umgeben zu lassen, macht selbst kurze Treffen zu diplomatischen Kunststücken. Und dennoch – oder gerade deswegen – sind solche Kontakte essenziell.
Denn wir dürfen uns keiner Illusion hingeben: Wir leben nicht in einer Phase des Kriegsendes, sondern mitten in der Fortsetzung eines erbarmungslosen Konflikts. Der Wechsel im Weißen Haus bringt keine neuen Wunderwaffen für den Frieden. Was zählt, ist die Beständigkeit der Beziehungen, die Fähigkeit, selbst kleinste diplomatische Fortschritte in Zeiten äußerster Bedrängnis zu sichern. Jede Begegnung, jedes Handschütteln zählt. Und wenn Trump nun plötzlich die Härte gegenüber Putin entdeckt und gar von Sanktionen spricht, dann ist das zumindest ein bemerkenswerter Tonwechsel – auch wenn der Realitätssinn gebietet, diese Worte mit Vorsicht zu genießen.
Interessant ist auch, dass Selenskyj parallel dazu Macron und den neuen britischen Premier Keir Starmer traf. Europa muss endlich lernen, seine eigene Sicherheitsstrategie zu entwickeln – unabhängig von der wechselhaften Politik Washingtons. Dass Frankreich und Großbritannien als nukleare Mächte stärker eingebunden werden, ist dabei ein logischer und notwendiger Schritt. Russland muss klar signalisiert werden: Selbst wenn Amerika zaudert, stirbt seine Hoffnung auf einen schnellen Sieg.
Trump wiederum bleibt, trotz härterer Töne gegenüber Moskau, in seinen Handlungsmöglichkeiten begrenzt. Die wirtschaftlichen Hebel sind stumpf geworden: Sanktionen gegen Indien oder China sind geopolitisch kaum durchsetzbar, und auch neue Maßnahmen gegen russische Banken würden kurzfristig wenig bewirken. Die eigentliche Gefahr liegt ohnehin woanders: Putin könnte versuchen, die Lage im Nahen Osten eskalieren zu lassen, um die Ölpreise nach oben zu treiben – eine perfide Strategie, die den Westen in eine unangenehme Zwickmühle bringt, nicht zuletzt weil Washington Putin paradoxerweise als Vermittler im Iran-Atomkonflikt einbezogen hat. Ein strategischer Fehler, der noch schwer wiegen könnte.
Und doch bleibt festzuhalten: Das Treffen zwischen Trump und Selenskyj war ein positives Signal, wenn auch kein Befreiungsschlag. Trump scheint zumindest den offenen Streit mit der Ukraine vermeiden zu wollen, ein kleiner, aber nicht unwichtiger Fortschritt. Die Platzierung Selenskyjs in der ersten Reihe bei der Beerdigung war zudem ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Ukraine trotz allem auf weltweite Unterstützung zählen kann.
Am Ende jedoch zählen nicht die Worte, sondern die Taten. Trumps momentane Härte gegenüber Putin könnte genauso schnell wieder verfliegen, wie sie gekommen ist. Wer erwartet, dass Trump mehr für die Ukraine tun wird als Biden, sollte sich nicht täuschen. Biden handelte aus Prinzipien, Trump handelt aus Interessen – und diese können sich ebenso schnell verschieben wie seine Stimmungen. Deshalb bleibt eines klar: Ohne permanente, breit abgestützte westliche Hilfe wird die Ukraine den zermürbenden Angriff Russlands nicht dauerhaft abwehren können.