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Trumps Täuschungsmanöver
Wie der US-Präsident seinen Rückzug aus dem Ukrainekrieg als gescheiterten Friedensprozess tarnt – und den Amerikanern den Verrat als Vernunft verkauft.
Der inszenierte Ausstieg: Trumps perfides Drehbuch für die Preisgabe der Ukraine
Was sich derzeit auf der Bühne internationaler Ukraine-Gespräche abspielt, ist nicht etwa der Auftakt zu einem ernsthaften Friedensprozess. Es ist die gezielte Inszenierung eines geopolitischen Rückzugs – orchestriert von einer US-Regierung, die unter Präsident Donald Trump nach einem Vorwand sucht, um sich aus der Verantwortung für die Verteidigung der liberalen Weltordnung zu stehlen.
Denn was US-Außenminister Marco Rubio nach dem Pariser Treffen mit Vertretern aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland und der Ukraine verkündete, lässt sich bei nüchterner Betrachtung nicht anders deuten: Sollte sich „innerhalb weniger Wochen“ kein Waffenstillstand erzielen lassen, so werde Washington die Ukraine ihrem Schicksal überlassen. Die Botschaft ist klar – und sie richtet sich nicht an Moskau, sondern an das amerikanische Publikum.
Die Bühne des Rückzugs
Trumps Administration weiß, dass die Mehrheit der US-Bevölkerung die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Vernichtungskrieg unterstützt. Der offene Bruch mit Kiew würde daher auf massive Kritik stoßen – innenpolitisch wie international. Also bedient man sich eines altbekannten Tricks: Man spielt Friedenssucher, um sich im nächsten Schritt als ernüchterter Realist präsentieren zu können, der „alles versucht“ habe – vergeblich. So kann der Abbruch der Unterstützung als logische Konsequenz verkauft werden, nicht als bewusster Akt der Preisgabe.
Die Formulierung Rubios – „Wenn wir feststellen, dass Frieden nicht möglich ist, machen wir weiter“ – klingt vage, ist aber in ihrer Logik perfide eindeutig. „Weitermachen“ meint nicht etwa mehr Einsatz für die Ukraine, sondern das genaue Gegenteil: den strategischen Ausstieg, legitimiert durch den angeblichen Mangel an Erfolgschancen.
Die Konstruktion eines Scheiterns
Zugleich wird bereits an der Legende des „unvermeidbaren Scheiterns“ gestrickt. Trump und seine Entourage präsentieren sich als Vermittler, die in allen Richtungen Gesprächsangebote gemacht hätten – an Russland, an die Ukraine, an Europa. Doch angeblich wollten oder konnten sich die Konfliktparteien nicht einigen. Damit ist der perfekte Schuldverlagerungsmechanismus geschaffen: Nicht Washington hat versagt, sondern „die anderen“. Ein Lehrstück autoritärer Politikkommunikation – pseudopazifistisch verbrämt.
Ein besonderes Augenmerk verdient dabei das sogenannte Ressourcenabkommen zwischen den USA und der Ukraine – ein Projekt, das von Trumps Leuten seit Wochen lanciert wurde und den Zugriff auf seltene Erden und strategisch wichtige Rohstoffe zum Gegenstand hatte. Es ist absehbar, dass die Regierung Trump das mögliche Scheitern dieses Abkommens nun als Beleg für die „Unzuverlässigkeit“ der Ukraine ins Feld führen wird. Washington, so wird es dann heißen, habe Verlässlichkeit angeboten – doch Kiew sei nicht bereit gewesen, „mitzuspielen“. Eine groteske Umkehrung der Realität, die dem Zweck dient, den wirtschaftspolitischen Eigeninteressen Trumps den Anschein nationaler Vernunft zu verleihen.
„Nicht unser Krieg“ – Trumps Narrativ
So wird aus der faktischen Sabotage westlicher Solidarität ein angeblich pragmatischer Rückzug. Trump selbst betont regelmäßig, dass „dies nicht unser Krieg“ sei – und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass sich Europa selbst kümmern müsse. Tatsächlich delegiert er damit nicht nur militärische Verantwortung, sondern auch moralische Schuld. Denn ein solches Signal – gesendet vom einstigen Garanten westlicher Freiheit – bedeutet nichts anderes als: Die Vereinigten Staaten haben sich verabschiedet. Nicht nur von der Ukraine, sondern vom eigenen historischen Selbstverständnis.
Dass Trumps außenpolitisches Handeln nie einem konsistenten strategischen Konzept folgt, sondern impulsiv, eigennützig und spektakelgetrieben ist, ist hinlänglich bekannt. Doch die perfide Raffinesse seiner aktuellen Rückzugsinszenierung ist neu. Hier geht es nicht um plumpes Desinteresse oder schlichte Ignoranz. Es geht um die gezielte Konstruktion eines Vorwands – eines rhetorischen Schutzschildes gegen berechtigte Kritik.
Das eigentliche Ziel: Entlastung und Entfesselung
Was Trump tatsächlich sucht, ist keine Friedenslösung, sondern innenpolitische Entlastung. Der Abbruch der Ukraine-Hilfe soll nicht als Kapitulation erscheinen, sondern als Notwendigkeit – als kluger, wenngleich schmerzhafter Schritt, um sich auf „wichtigere Dinge“ zu konzentrieren. Was diese Dinge sein sollen, bleibt nebulös. Klar ist nur: Mit strategischer Führung, mit dem Schutz internationaler Normen und mit der Abwehr autoritärer Aggression haben sie nichts zu tun.
Die Konsequenz dieses Rückzugs ist verheerend. Denn während sich die USA aus dem Spiel nehmen, füllt Russland das entstehende Vakuum. Was Trump als pragmatische Selbstbeschränkung verkauft, ist in Wahrheit die offene Einladung an den Kreml, seine Aggression auszuweiten – auf Kosten der Ukraine, auf Kosten Europas, auf Kosten der freien Welt.
Donald Trumps Rückzug aus dem Ukrainekrieg ist kein Zeichen von Ermüdung, sondern ein gezielter Akt politischer Täuschung. Die Inszenierung eines scheiternden Friedensprozesses dient nur einem Zweck: den moralischen Bankrott einer isolationistischen US-Politik hinter dem Schleier verlogener Bemühungen zu verstecken. Die Welt darf diesem Schauspiel nicht auf den Leim gehen – denn der Preis dafür wäre nichts weniger als die Preisgabe der freien Völker Europas an die Willkür des Kreml.