Russland lehnt den Waffenstillstand ab

13.03.2025

Russland bleibt unbeirrbar auf Kriegskurs: Der außenpolitische Berater Wladimir Putins, Juri Uschakow, hat im russischen Fernsehen ausdrücklich bekräftigt, dass Moskau keinen vorübergehenden Waffenstillstand in der Ukraine akzeptieren wird. Stattdessen beansprucht der Kreml, es gehe um eine „dauerhafte Friedenslösung“, bei der Russlands „legitime Interessen“ uneingeschränkt gewahrt würden. Mit anderen Worten: Der Vernichtungskrieg gegen das ukrainische Staatswesen soll weitergehen, um jeden Preis.

Die jetzt in Saudi-Arabien präsentierte Idee einer kurzen Feuerpause, ausgehandelt zwischen amerikanischen und ukrainischen Vertretern, lässt man im Kreml nur spöttisch als „Atempause für das ukrainische Militär“ abtun. Dabei ist dieses Zynismus pur: Der russische Staat, der sich seit Beginn der Invasion jeglichen völkerrechtlichen Grundsätzen entledigt hat, stellt sich nun hin und erklärt, man sei an einem echten Frieden nicht interessiert, solange die Ukraine nicht als souveräne Nation kapituliert. Mehr noch: Putin selbst wird mutmaßlich noch am selben Tag weitere Forderungen lancieren, die selbst den jüngsten Auslassungen Uschakows an Härte übertreffen dürften.

Unübersehbar ist dabei, dass sich Putin seiner – vermeintlichen – Dominanz im Verhältnis zum US-Präsidenten Donald Trump sehr sicher wähnt. Moskau zeigt keinerlei diplomatische Zurückhaltung gegenüber dem Sondergesandten Steve Witkoff, den Trump nach Russland entsandt hat. Wenn das Weiße Haus tatsächlich daran gelegen wäre, einen realen Waffenstillstand auszuhandeln, müsste Russland wenigstens ein Minimum an Gesprächsbereitschaft demonstrieren. Doch die Praxis – und Putins eigenes Denken – läuft darauf hinaus, Trump als bloßes Werkzeug zu betrachten, das man bei Bedarf korrumpieren kann. Wer Putins Kriegslogik kennt, weiß, dass er einseitige Konzessionen des Westens grundsätzlich als Willensschwäche wertet.

Moskau glaubt offenbar, Trump werde irgendwann einsehen, dass die Ukraine „fallen gelassen“ werden muss – jedenfalls wenn er seinen Wählern den versprochenen „schnellen Frieden“ vorlegen will. Tatsächlich besteht diese russische Idee darin, Trump mit lukrativen Angeboten für sich einzunehmen: Man kann ja „Geschäfte“ arrangieren, bei denen Putins Klüngel dem US-Präsidenten finanzielle Anreize bietet, um die Ukraine preiszugeben. Dass Trump auf Weltebene nicht durch die Werte der demokratischen Zivilisation, sondern durch Eigeninteressen und Geld getrieben sein könnte, nimmt der Kreml für sicher. Ein doppeltes Geschäft also: Die Ukraine wird zerschlagen, und Putin verkauft Trumps außenpolitische Kapitulation gegenüber Russland als lächerliche Show, die jeder ernsthaften Prüfung spotten würde.

Entlarvend ist die demonstrative Kühle, mit der Juri Uschakow bereits vor Witkoffs Ankunft feststellte, dass Russland keinerlei neues „Gesichtswahrungs-Manöver“ nötig habe. „Finanzielle Interessen“ seien die eigentliche Sprache, in der Witkoff und Trump am besten zu erreichen seien. Dies deckt sich mit Putins tiefer Überzeugung, dass die USA unter Trump keine konsequente Unterstützung mehr für die Ukraine leisten werden. Denn alle Sanktionen, die den Kreml wirklich unter Druck setzen könnten, hat Trump längst abgeschwächt oder auf später verschoben, und militärisch will das Weiße Haus laut eigener Aussage „nicht in diesen Konflikt hineingezogen werden“.

Darum ist die russische Haltung zum angeblichen „Waffenstillstand“ so drastisch: Putin sieht kein Risiko, Trump zu brüskieren. Er geht davon aus, die USA würden ihm ohnehin keine ernsthaften Kosten auferlegen. Das wiederum bedeutet, dass von Russlands Seite jede Art von Verhandlungsidee eigentlich nur als schlechte Farce dient, um die Zeit zu nutzen, die Ukraine weiter zu zerstören. Mit einer kurzen Waffenpause, die es Kiew erlaubte, seine Kräfte neu zu formieren, kann Putin nichts anfangen – er will die vollständige Zermalmung der ukrainischen Staatlichkeit.

Besonders deprimierend ist, dass Washington mit seinen inszenierten Verhandlungen in Dschidda genau das bestätigt, was Kiew längst fürchtet: dass Trumps Regierung gar nicht willens oder in der Lage ist, echten Druck auf Russland auszuüben. Wirtschafts- und Finanzsanktionen haben bisher nicht den erhofften Effekt gezeigt; Wladimir Putin hat gelernt, wie er dank Chinas und anderer autokratischer Regime Rückendeckung den Sanktionsfolgen ausweicht. Sollte Trump wirklich glauben, er könne Moskau mit noch mehr Zusagen und Deals besänftigen, wird er letztlich nur das Werk Putins vollenden, nämlich die Ukraine ihrer Staatlichkeit zu berauben.

Die Frage, ob es in Kürze ein erneutes Telefonat zwischen Trump und Putin geben wird, ist da fast nebensächlich. Klar ist: Putin betont in aller Offenheit, dass er kein „vorübergehendes Innehalten“ braucht, sondern das Ziel einer totalen Entmachtung Kiews verfolgt. Wer diese brutale Ansage für den Ausdruck legitimer russischer Interessen hält, verschleiert, dass hier ein Genozid – die Zerstörung eines gesamten Volkes und seiner staatlichen Identität – zum offen erklärten Ziel geworden ist.

Die politische Lehre, die aus dieser Episode gezogen werden müsste, ist unmissverständlich: Ein Autokrat wie Putin versteht jede Dialoggeste als Symbol westlicher Schwäche. Sein Regime ist nur an einem „Friedensschluss“ interessiert, wenn er die völlige Unterwerfung der Ukraine einschließt. Ein US-Präsident, der noch vorgibt, einen Ausgleich finden zu wollen, der den Opferstaat respektiert, wird im Kreml als willige Verhandlungsmasse betrachtet, der man den Preis für den Abbruch der Ukraine-Hilfe hoch genug schmackhaft machen muss. Wenn also wirklich ein Waffenstillstand angestrebt wäre, bräuchte es konsequente Sanktionen, finanzielle Isolierung und militärische Unterstützung für Kiew – Maßnahmen, für die Trump weder politische Mehrheiten noch persönlichen Willen aufzubringen scheint.

Damit bestätigt sich, was manche bereits bei Trumps erstem Telefonat mit Putin vermuteten: Moskau spielt auf die bedingungslose Kapitulation, sei es in Form eines erzwungenen Friedensdeals oder durch eine militärische Entscheidung. Dass Trump und seine Entourage mit halbherzigen Vorschlägen wie dem Dschidda-Treffen vorpreschen, verbirgt nur mühsam, dass sie eben keine glaubwürdige Hebelwirkung auf Putin haben. Der Kremlführer nimmt, was er bekommen kann – und bereitet gleichzeitig den finalen Schlag gegen die Reste ukrainischer Staatlichkeit vor.

So bleibt unter dem Strich festzuhalten: Wer glaubt, Putin könnte zu einem „Minimalfrieden“ bereit sein, in dem er freiwillig seine totalitären Ansprüche zurückschraubt, verwechselt Russlands Vernichtungsagenda mit diplomatischem Kalkül. Solange die USA nicht willens sind, Moskau aggressiv in die Schranken zu weisen, sondern sich von Putins Hinhaltetaktik täuschen lassen, wird der Kreml seine Kriegspolitik weiter ungerührt fortsetzen. Das ist die bittere Bilanz der jüngsten Moskauer Ansagen – und ein weiteres Alarmzeichen, dass die Welt sich dringend von der Illusion lösen muss, der Kreml sei mittels Deals und Absprachen zu zügeln. Hier geht es um die nackte Zerstörung einer souveränen Nation. Alles andere ist trügerisches Wunschdenken.