Putins Vasallisierung – Chinas stiller Triumph

Am 9. Mai zeigte sich in Moskau: Russland ist längst Teil der chinesischen Machtsphäre – und stolz darauf.

Was sich am 9. Mai 2025 auf dem Roten Platz abspielte, war mehr als eine historische Gedenkveranstaltung. Es war ein geopolitisches Schauspiel – und ein symbolisches Schuldeingeständnis. Nicht mehr Russland selbst, sondern China stand im Zentrum der putinschen Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über den Nationalsozialismus. Xi Jinping war der wahre Protagonist dieser Inszenierung, Putin lediglich der Gastgeber, ja fast ein Zeremonienmeister im eigenen Land.

Man muss kein Russlandkenner sein, um zu begreifen, was das bedeutet. Der russische Präsident hat sich offen in die Abhängigkeit von Peking begeben – ökonomisch, politisch, strategisch. Xi trat auf wie ein Oberbefehlshaber, der seine westliche Flanke inspiziert. Und Putin präsentierte sich, gewollt oder gezwungenermaßen, als loyaler Vasall. Die Zeiten, in denen Moskau in der internationalen Ordnung eine eigenständige Rolle beanspruchte, sind vorbei.

Die Abhängigkeit ist tief und strukturell. Ohne chinesische Importe, Technologien, Absatzmärkte und Währungsstützen wäre die russische Wirtschaft längst kollabiert. Aber es geht nicht nur um Wirtschaft. Xi bietet Putin Rückendeckung – rhetorisch, diplomatisch, strategisch. Dafür zahlt Moskau mit geopolitischem Spielraum. Dass russische Fernsehzuschauer während der Siegesparade nicht nur Putins Worte, sondern auch einen chinesischen Übersetzer hören mussten, war kein Zufall. Es war ein akustischer Beweis politischer Realität: Russland spricht heute auch Mandarin – zumindest zwischen den Zeilen.

In dieser neuen Konstellation hat Moskau seinen Anspruch auf Gleichrangigkeit mit Peking längst aufgegeben. Die alte Idee einer multipolaren Welt, in der Russland eine der Pole bildet, ist zur Illusion verkommen. Was wir heute sehen, ist eine bipolare Autokratie, in der China führt – und Russland folgt.

Xi nutzt diese Dynamik mit strategischem Kalkül. Je enger sich Russland an China bindet, desto größer wird Pekings Einfluss im postsowjetischen Raum – von Zentralasien bis in den Südkaukasus. Die Parade in Moskau war auch ein Signal an die Region: Wer mit Russland spricht, muss mit China rechnen.

Und Putin? Er hat diese Rolle längst akzeptiert. Aus einem Gefühl der Notwendigkeit, gewiss. Aber auch aus ideologischer Nähe. Beide Regime eint der Wille zur Revision der liberalen Weltordnung. Der Unterschied: Xi hat die Macht, Putin nur den Willen.

Dass sich Russland freiwillig unter Chinas Schirm stellt, ist vielleicht die folgenreichste Entwicklung des vergangenen Jahrzehnts. Es verändert nicht nur das Gleichgewicht in Eurasien – es verschiebt das globale Machtzentrum gen Osten. Die offene Frage bleibt: Wann beginnt der Westen, diese tektonische Verschiebung wirklich ernst zu nehmen?