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Moskau will keinen Frieden – weder in Rom noch in Istanbul

Warum Russland nur auf Zeit spielt und den Westen in die Irre führt

Moskau hat keinerlei Interesse an echten Verhandlungen – weder im Vatikan, noch in Istanbul. Sergej Lawrows jüngste Absage der geplanten Gespräche in Rom ist nur ein weiteres Kapitel in diesem altbekannten Drehbuch. Während westliche Politiker noch immer hoffen, dass sich irgendwo ein Verhandlungstisch finden lässt – sei es in Rom, Istanbul oder einem neutralen Drittland –, verfolgt der Kreml eine ganz andere Logik. Diese Logik zielt nicht auf Kompromiss oder Einigung, sondern allein darauf, Zeit zu gewinnen, den Westen in Unsicherheit zu halten und Putins eigenen Kriegskurs ohne Friedensperspektive fortzusetzen.

Lawrows Argumentation klingt dabei fast schon grotesk. Er nennt es „seltsam“, dass zwei orthodox geprägte Länder ihre Friedensverhandlungen ausgerechnet auf katholischem Boden abhalten sollten. Als ob das islamische Istanbul – das von Moskau bevorzugte Terrain – eine eher orthodoxe Stadt wäre! Doch solche Widersprüche sind für Russland reine Nebensache. Es geht nicht darum, wo oder unter wessen religiösem Dach man sich trifft. Es geht einzig darum, Gespräche zu verschleppen, sie unendlich in die Länge zu ziehen und so das Narrativ zu kontrollieren: Putin wolle Frieden, Russland sei gesprächsbereit, doch immer wieder verhinderten andere die Einigung.

Dabei hat Moskau allein solche Vorschläge unterbreitet, die Kiew und die europäischen Hauptstädte gar nicht akzeptieren können. Und so kann man sich in aller Ruhe zurücklehnen und sagen: Seht her, wir wollten verhandeln – aber der Westen und die Ukraine blockieren.

Dass selbst US-Präsident Donald Trump seinem russischen Kollegen geraten hat, wenigstens keine unannehmbaren Maximalforderungen zu stellen, ist dabei völlig nebensächlich. Putin braucht Trumps Ratschläge nicht. Er weiß genau, dass Trump keine neuen Sanktionen gegen Russland durchsetzen und keine neue Militärhilfe für die Ukraine bewilligen will. Das allein reicht, um die russische Position zu stärken und den Krieg weiterzuführen.

Gleichzeitig spielt Moskau das alte Lied von der „Illegitimität“ Selenskyjs. Jetzt, wo Putins Apparat vorschlägt, in der Ukraine Wahlen abzuhalten, obwohl das Land unter Kriegsrecht steht, wird der Zynismus dieses Vorschlags besonders deutlich. Nach ukrainischem Recht könnten Wahlen erst stattfinden, wenn das Kriegsrecht aufgehoben ist – und das wiederum erfordert einen Waffenstillstand, den Russland ausdrücklich ablehnt. Eine Falle, wie sie klassischer kaum sein könnte: Forderungen stellen, die unter den gegebenen Umständen unerfüllbar sind, und diese Unerfüllbarkeit dann als Beweis für die angebliche „Kompromissunwilligkeit“ der Ukraine hinstellen.

Auch der Vatikan als Ort der Gespräche ist dabei nur eine Nebelkerze. Für Moskau ist es gleichgültig, ob der Vatikan, Istanbul oder sonst ein neutraler Boden zur Verfügung stünde. Alles wird mit dem gleichen Ziel behandelt: Zeitgewinn. Denn während die westlichen Hauptstädte sich noch in diplomatischen Planspielen verlieren, kann der Kreml ungestört seinen Krieg fortführen.

Am Ende bleibt ein bitterer Eindruck. Die ganze Diskussion um den Verhandlungsort, um „orthodoxe Plattformen“ oder „katholische Kulissen“ ist nur Fassade für Putins wahres Ziel: ein Krieg ohne Endtermin, ohne Friedensplan, aber mit unerschütterlicher Gewissheit, dass der Westen irgendwann aufgibt oder sich selbst zerlegt. Man könnte sich fragen: Wie lange noch wird der Westen diesem absurden Tanz folgen, bevor er erkennt, dass das Einzige, was Moskau tatsächlich sucht, der ewige Krieg ist?