Koalition der Willigen

Europas neue Selbstbehauptung

Die jüngste Zusammenkunft der „Koalition der Willigen“ in Paris markiert mehr als nur ein weiteres diplomatisches Treffen westlicher Staaten. Es ist ein Signal – an Moskau, an Washington und an all jene, die meinen, Putins imperialer Vernichtungsfeldzug gegen die Ukraine ließe sich durch Verhandlungen eindämmen. Auch wenn die USA offiziell abwesend waren, stellte der Gipfel eine machtvolle Bekräftigung des europäischen Willens dar, der russischen Aggression geschlossen entgegenzutreten – selbst ohne Washingtons Führung.

Europa rüstet sich für den Ernstfall: Ein Plan B ohne Trump

Es ist kein Zufall, dass dieses mittlerweile institutionalisierte Format der Ukraine-Unterstützung ohne US-Beteiligung stattfindet. Der Westen muss sich auf das realistische Szenario einstellen, dass Donald Trump – der erklärte Saboteur der liberalen Weltordnung – die amerikanische Militärhilfe für die Ukraine willentlich einstellt oder sie zur Verhandlungsmasse eigener Interessen macht. Sollte er sich entscheiden, Putins Vernichtungskrieg zu ignorieren oder gar zu legitimieren, muss Europa bereit sein, die Verteidigung der Freiheit allein zu schultern.

Sanktionen bleiben – gegen Putins ökonomische Kriegsführung

Eine zentrale Botschaft des Gipfels: Es wird keine Lockerung der Sanktionen geben, solange russische Truppen ukrainisches Territorium besetzen. Gerade weil Moskau in den jüngsten Gesprächen mit den USA in Riad versuchte, wirtschaftliche Erleichterungen als Vorbedingung für ein Schwarzmeer-Abkommen zu erpressen – etwa durch die Wiedereinbindung der Rosselchosbank ins SWIFT-System – war die Antwort aus Paris eindeutig. Wer Russlands Wirtschaft stützt, stützt seine Kriegsmaschinerie.

Putins Ziel bei der Wiederbelebung der Getreideinitiative ist nicht Nahrungsmittelsicherheit – sondern Kontrolle, Blockade, Destabilisierung. Die Erinnerung an die künstlich erzeugten Warteschlangen vor ukrainischen Häfen ist noch frisch: ökonomische Kriegsführung mit zynischer Fassade.

Macron und Starmer: Die Speerspitze europäischer Selbstbehauptung

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer traten in Paris als die Architekten einer europäischen Gegenmacht zur russischen Tyrannei auf. Beide betonten, dass die Idee europäischer Truppenpräsenz auf ukrainischem Boden keineswegs vom Tisch sei – sondern im Gegenteil in neuer Form weitergedacht werde. Macron sprach sogar von „Beruhigungskräften“, strategisch positionierten Einheiten, die eine abschreckende Präsenz darstellen und Putins Expansionsgelüste kontern sollen.

Europa muss sich nach Jahrzehnten der sicherheitspolitischen Bequemlichkeit nun auf das Undenkbare vorbereiten: eine Weltordnung ohne amerikanische Rückversicherung. Deshalb forderte Macron mit Nachdruck eine eigenständige europäische Aufrüstung und verteidigungspolitische Souveränität. Selbst Xi Jinping wurde als potenzieller Akteur ins Spiel gebracht – ein bemerkenswerter Hinweis auf den Versuch, Chinas Einfluss wenigstens neutral zu halten.

Trump und der Mythos vom Friedensstifter

Während Macron und Starmer strategische Realitätssinn demonstrierten, setzt Trump weiterhin auf nebulöse Abmachungen. Macron telefonierte zwar vor dem Gipfel mit dem US-Präsidenten – doch die Differenzen könnten kaum größer sein. Macron machte klar: Ein 30-tägiger Waffenstillstand, wie von den USA vorgeschlagen und von der Ukraine akzeptiert, ist kein Fortschritt, wenn Russland ihn sabotiert. Und genau das geschieht: Moskau stellt neue Bedingungen, intensifiziert seine Angriffe und spielt auf Zeit. Starmer nannte es zu Recht: „klassische Putin-Schule“.

Diese „Verzögerungstaktik“ zielt auf den einen Zweck: den Westen zu zermürben, ihn zur Kapitulation durch Müdigkeit zu drängen. Doch Europa zeigt Widerstandskraft. Starmer kündigte neue Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe an, kündigte hochrangige Besuche in Kiew an und stellte klar: Großbritannien übernimmt Verantwortung – auch mit Blick auf nukleare Abschreckung.

Kein Frieden ohne Gerechtigkeit – keine Sanktionserleichterung ohne Rückzug

Der französische Präsident formulierte die neue Linie glasklar: Es wird keine Rücknahme von Sanktionen geben, solange es kein endgültiges, stabiles Friedensabkommen gibt – auf Basis der territorialen Integrität der Ukraine. Der US-amerikanische Wunsch, Russland durch kleinere Zugeständnisse zu „motivieren“, läuft ins Leere. Im Gegenteil: Die Koalition will den Druck auf Moskau erhöhen – auch auf seine „Schattenflotte“, die trotz Sanktionen rekordverdächtige Ölexporte nach China und Indien ermöglicht. Das russische Regime verfügt über 650 Milliarden Dollar Devisenreserven – ein beunruhigender Motor für Putins Kriegsführung.

Drei Pfeiler der Sicherheit – statt Illusionen

Emanuel Macron

Macron umriss drei strategische Säulen:

  1. Eine kampffähige ukrainische Armee, gestützt durch westliche Rüstungshilfe.

  2. „Beruhigungskräfte“ zur dauerhaften Abschreckung – keine Frontsoldaten, sondern geopolitische Marker.

  3. Ein umfassender Aufrüstungsimpuls Europas, verbunden mit einem klaren Ziel: Ein Frieden, der auf Stärke basiert – nicht auf Gnade.

Diese Struktur soll Europa immunisieren – gegen Putins hybriden Krieg ebenso wie gegen das Appeasement aus Washington.

Witkoff und der toxische Einfluss Trumps

Macron reagierte auch auf die jüngsten Propagandaauftritte von Steve Witkoff, Trumps Sondergesandtem, der sich auffällig offen für russische Narrative zeigte. Macron konterte mit dem Satz, der zur neuen Leitlinie werden sollte: „Wir müssen auf das Beste hoffen, aber auf das Schlimmste vorbereitet sein.“ Damit zieht Europa eine rote Linie – auch gegenüber Trumps rechtsnationaler und wirtschaftlich zynischer Administration.

Während Macron diplomatisch bleibt, bleibt Starmer unmissverständlich: Russland blockiert jeden Fortschritt, bombardiert trotz Waffenstillstandsangeboten weiter, missbraucht die Getreideinitiative als Hebel. Starmer nennt das, was es ist: ein politisches „Filibuster“, ein systematisches Hinhalten mit dem Ziel, das westliche Lager zu demoralisieren.

Europa in Mobilisierung – mit oder ohne Amerika

Dass Macron und Starmer von anderen Staaten aufgefordert wurden, Führungsverantwortung zu übernehmen, spricht Bände. Europa beginnt, geopolitisch zu erwachen – und zieht die Konsequenzen aus der strategischen Lücke, die Trumps Politik reißt. Großbritannien pocht auf parlamentarische Zustimmung bei Truppeneinsätzen, Frankreich bringt nukleare Optionen ins Spiel. Und Selenskyj macht klar: Hilfe ist willkommen, aber nicht um den Preis von Territorialverlusten. 2 Milliarden Euro aus Paris sind ein Schritt – doch die europäische Unterstützung muss größer, schneller, entschlossener werden. Ungarns Obstruktionismus darf dabei keine Rolle mehr spielen.

Putin will keinen Frieden – er will den Westen zerstören

Selenskyj brachte es auf den Punkt: Putin geht es nicht um Verhandlungen, sondern um Spaltung – Europas, Amerikas, der freien Welt. Seine Werkzeuge sind hybride Kriegsführung, wirtschaftliche Erpressung und gezielte Destabilisierung. Die angedachte Rohstoffkooperation mit den USA mag ein diplomatisches Manöver sein – sie ersetzt keine klare Haltung.