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Kelloggs Zonenplan: Blaupause für die Zerschlagung der Ukraine
Trumps außenpolitisches Schattenkabinett bereitet mit seinen Teilungsfantasien den Weg für einen faulen Frieden – auf Kosten der ukrainischen Staatlichkeit und der liberalen Weltordnung.
Keith Kelloggs Spaltungsplan – ein zynisches Spiel mit der Zukunft der Ukraine
Die Entgleisung, die Keith Kellogg – Donald Trumps nationaler Sicherheitsberater im Ruhestand und nun wieder Teil seines außenpolitischen Schattenteams – in einem Interview mit der britischen Times ablieferte, bringt auf den Punkt, wie weit sich das Trump-Lager bereits von der Realität geopolitischer Verantwortung entfernt hat. Sein „Friedensplan“ für die Ukraine ist nicht nur illusionär – er ist ein gefährliches Manifest zynischer Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal eines überfallenen Landes. Und er offenbart in frappierender Deutlichkeit, dass Trump und seine Entourage die Ukraine nicht retten, sondern sie spalten, neutralisieren und auf dem Altar eines „Deals“ mit Moskau opfern wollen.
Ein „Berlin-Szenario“ als Blaupause der Kapitulation
Kelloggs Plan zur Aufteilung der Ukraine in sogenannte Verantwortungszonen erinnert in seiner Struktur frappierend an die Nachkriegsaufteilung Berlins – allerdings auf grotesk verkehrte Weise. Denn während die damalige Zoneneinteilung Teil der Entnazifizierung und Demokratisierung war, zielt Kelloggs Vorschlag auf die Einzementierung eines imperialistischen Gewaltakts. Die besetzten ukrainischen Gebiete sollen – ganz im Sinne Putins – de facto dem Aggressor überlassen bleiben. Der Dnipro fungiert in diesem Szenario als trügerische Trennlinie, an deren rechter Seite eine pseudo-internationale Besatzung durch ukrainische, britische und französische Truppen die Fassade eines Gleichgewichts aufrechterhalten soll.
Diese Konstruktion aber blendet das Wesentliche aus: dass Russland keinerlei Interesse an einem eingefrorenen Konflikt hat, sondern an der völligen Zerschlagung ukrainischer Staatlichkeit. Putins Regime verfolgt keine defensive Strategie, sondern eine klar artikulierte Vernichtungsagenda gegenüber dem ukrainischen Nationalstaat. Der bloße Gedanke, der Kreml würde einem solchen Stillstand zustimmen, verkennt grundlegend die Logik des russischen Totalitarismus.
Was Kellogg nicht versteht – oder nicht verstehen will
Die Behauptung, Putins Widerstand gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine speise sich aus sicherheitspolitischen Bedenken, ist ein alter Mythos, den Kellogg nun neu aufwärmt – entgegen aller Faktenlage. Tatsächlich geht es Putin nicht um die NATO, sondern um das Verhindern jeder westlich-liberalen Konsolidierung in seiner Nachbarschaft. Er will nicht, dass ein souveränes, westlich integriertes, demokratisches Gemeinwesen an den Grenzen seines Imperiums existiert. Deshalb sind sämtliche besetzten Gebiete – von der Krim bis Saporischschja – keine Objekte eines taktischen Spiels, sondern Bausteine eines großrussischen Wiederaufbauprojekts, das bis heute den imperialen Geist des KGB atmet.
In diesem Kontext ist jede Form westlicher Militärpräsenz auf ukrainischem Boden für den Kreml ein rotes Tuch – nicht weil sie „eskalierend“ wäre, sondern weil sie symbolisch das Ende seines kolonialen Herrschaftsanspruchs markieren würde.
Frankreich und Großbritannien als geopolitische Kulissenschieber
Kelloggs Plan legt zudem offen, wie wenig Trumps Beraterteam von der europäischen Sicherheitsarchitektur versteht. Weder Frankreich noch Großbritannien dürften bereit sein, sich auf ein Spiel einzulassen, bei dem sie als symbolische Platzhalter für einen „Waffenstillstand“ fungieren, der jederzeit von russischer Seite gebrochen werden kann. Die Vorstellung, dass westliche Truppen sich in einer instabilen Pufferzone auf Kommando zurückziehen oder konfrontieren lassen sollen, ist brandgefährlich – nicht nur für die Ukraine, sondern für die Glaubwürdigkeit westlicher Abschreckung insgesamt.
Die Truppe der Fantasten
Kelloggs Initiative muss auch im innenpolitischen Kontext der USA verstanden werden. In einem Team, das von persönlichen Loyalitäten, ideologischer Wankelmütigkeit und geopolitischer Ignoranz geprägt ist, konkurrieren die Akteure um Trumps Aufmerksamkeit. Und so liefern Kellogg und sein Kollege Witkoff widersprüchliche Konzepte, die sich gegenseitig neutralisieren – der eine will Truppen abziehen, der andere sie stationieren. Der eine will Russland Gebiete zusprechen, der andere sie übergeben. Doch beiden geht es nicht um die Ukraine, sondern um die Simulation außenpolitischer Handlungsfähigkeit in einem Team, das nur eines sicher kann: Illusionen verkaufen.
Trumps Realitätsverweigerung als Grundmelodie
Donald Trumps außenpolitische Weltsicht ist geprägt von der Idee, dass geopolitische Konflikte sich mit ein paar Anrufen, einem „großen Deal“ und persönlichen Eitelkeiten lösen lassen. Diese infantile Vorstellung zieht sich durch all seine Initiativen. Und so ist Kelloggs Plan weniger Ausdruck einer neuen amerikanischen Strategie als vielmehr Teil eines Machtspiels innerhalb eines Regimes, das glaubt, internationale Konflikte ließen sich wie Insolvenzverfahren abwickeln – mit ein paar Gebietsabtretungen, einem Symbolfoto und dem Versprechen, man habe den „Frieden“ gesichert.
Ein Team der Kapitulation
Man muss vor diesen Plänen keine Angst haben, weil sie umgesetzt würden – sie sind ohnehin zum Scheitern verurteilt. Doch man sollte sehr wohl alarmiert sein angesichts der Denkmuster, die sich hier offenbaren: In Trumps Weißem Haus bereitet man sich nicht darauf vor, die Ukraine zu retten, sondern darauf, ihre Auflösung in Sektoren zu verwalten. Was hier sichtbar wird, ist ein geopolitischer Zynismus, der sich nicht um Opfer, Gerechtigkeit oder Recht schert – sondern einzig um Inszenierung, Machtsicherung und eigene Unsterblichkeit im TV-Narrativ des Trumpismus.
Und genau deshalb ist es umso wichtiger, dass der Westen – insbesondere Europa – solche Vorschläge nicht als Diskussionsbeitrag, sondern als das erkennt, was sie sind: Blaupausen eines autoritären Appeasement-Kurses, der den Aggressor nicht zähmen, sondern belohnen will. Wer das zulässt, liefert nicht nur die Ukraine aus – sondern untergräbt auch die letzte Bastion dessen, was die freie Welt noch verteidigt.