Hofft nicht auf Grahams 500 %-Sanktionen

Warum die Straflust der Republikaner verpuffen wird – und Sanktionen gegen Russland längst stumpf sind

In Washington machen wieder Strafsanktionen die Runde – diesmal in Form des „Graham-Gesetzes“, das 500 % Zölle gegen Russland verhängen will. Lindsey Graham will Härte zeigen. Doch man sollte sich von dieser Zahl nicht beeindrucken lassen. Denn dieses Gesetz wird nicht kommen – und selbst wenn es käme, würde es keine Wirkung entfalten.

Trump selbst hat in der Vergangenheit 265 % Zölle gegen China durchgesetzt. Was folgte, war ein Deal – keine Wende. Kein Systembruch. Schon damals wurde deutlich, dass diese Art von Wirtschaftskrieg nicht nur politisches Theater ist, sondern auch gefährlich für die eigene Volkswirtschaft. Und Russland? Wäre von solchen Maßnahmen kaum ernsthaft betroffen. Der Schaden träfe die USA selbst.

Dabei gäbe es durchaus Mittel, um Russland empfindlich zu treffen – Sanktionen auf strategische Rohstoffe wie Uran zum Beispiel. Aber diese Werkzeuge sind politisch nicht durchsetzbar. Trump will Deeskalation, Gespräche, keine Eskalationsspirale. Und in seiner Partei wagt es niemand, ihm zu widersprechen. Ohne sein Plazet wird kein Gesetz auf den Weg gebracht. Der Kongress hat sich seiner Linie unterworfen.

Was das bedeutet, ist offensichtlich: Es wird keine neuen, substanziellen Sanktionen geben. Und wenn doch – dann werden sie folgenlos bleiben. Die Welt hat sich verändert. Russland ist heute eingebettet in ein Netzwerk aus Handels- und Machtbeziehungen, das den Westen nicht mehr braucht. China, Indien, der globale Süden – sie alle sichern das Überleben der russischen Ökonomie, selbst unter Druck.

Die alte Idee, man könne mit Sanktionen politische Systeme destabilisieren, hat sich überlebt. Ja, sie wirken – manchmal. Aber nur langsam. Und nicht mehr zuverlässig. Die Sowjetunion brauchte zwanzig Jahre wirtschaftlicher Isolation, um zu kollabieren. Russland hat daraus gelernt. Es hat sich angepasst, wirtschaftlich wie strukturell. Es ist kein planwirtschaftlicher Koloss mehr, sondern ein kontrollierter, flexibler Marktstaat. Abschottung wirkt hier nicht mehr.

Und so sehen wir uns einem neuen Gegnertypus gegenüber: Autokratien mit marktwirtschaftlicher Anpassungsfähigkeit. Sie sind nicht nur resistent gegenüber klassischer Sanktionspolitik – sie drehen die Logik um. Russland exportiert nicht westliche Regeln, sondern seine autoritäre Praxis. Sanktionen stören da kaum. Sie passen sich an, sie verlagern, sie kooperieren außerhalb des Westens.

Was also bleibt von der Hoffnung auf das Graham-Gesetz? Ein letztes Aufbäumen symbolischer Härte in einer Zeit, in der solche Gesten längst ins Leere laufen. Sanktionen werden nicht kommen. Und wenn, dann helfen sie nichts.

Vielleicht ist es an der Zeit, aufzuhören, auf Wirtschaftskeulen zu setzen – und endlich zu begreifen, mit welcher Art Gegner wir es wirklich zu tun haben.