Musk gegen Trump – Oligarchen und Könige

Warum der reichste Mann der Welt zum Risiko für den mächtigsten wird

Der offene Bruch zwischen Elon Musk und Donald Trump war vielleicht unvermeidlich – und kam dennoch mit einer gewissen Wucht. Zwei Alphamänner mit hypertrophen Egos, beide überzeugt davon, Amerika nach ihrem Bilde formen zu können, können auf Dauer schwer koexistieren. Nun ist es offiziell: Der reichste Mann der Welt und der Präsident der Vereinigten Staaten gehen auf offener Bühne auf Konfrontationskurs. Was nach persönlicher Eitelkeit aussieht, ist in Wahrheit ein Machtkampf mit System. Denn wenn ein Oligarch sich zum Königsmacher aufschwingt, ist der Konflikt mit dem König unausweichlich.

Andere Länder kennen dieses Schauspiel gut. Boris Beresowski in Russland etwa war sich sicher, Wladimir Putin unter Kontrolle zu haben – schließlich hatte er ihn selbst in den Kreml gehoben. Doch als Putin spürte, dass er keine Rücksicht mehr nehmen musste, wurde Beresowski zur Bedrohung. Enteignet, ins Exil getrieben, schließlich tot aufgefunden. Die Lektion: Wer Macht verleiht, lebt gefährlich, sobald der Empfänger keine Dankbarkeit mehr braucht.

Auch die Ukraine kennt ihre Version dieser Geschichte. Ihor Kolomojskyj war der Mann hinter der Fernsehkarriere von Wolodymyr Selenskyj – mit seinem Sender „1+1“ wurde der Comedian zur politischen Projektionsfläche einer ganzen Nation. Doch sobald Selenskyj die Macht wirklich in Händen hielt, erkannte er, dass Nähe zu Oligarchen politisch toxisch war. Kolomojskyj landete am Ende nicht etwa im Präsidentenpalast, sondern in Untersuchungshaft. Auch hier wieder: Der Königsmacher wird vom König geopfert, sobald dieser seine Unabhängigkeit wahren will.

Was aber unterscheidet Elon Musk von diesen Figuren? Zum einen seine globale Macht. Musk kontrolliert nicht nur Geld, sondern auch Technologie, Medienzugänge, Plattformen. Er ist kein klassischer Profiteur eines Systems, sondern ein Systembauer – jemand, der neue Räume schafft, nicht bloß bestehende ausnutzt. Twitter, jetzt X, gehört ihm. Seine Reichweite ist transnational, sein Einfluss algorithmisch aufgeladen. Kein Oligarch vor ihm konnte ein digitales Nervensystem direkt manipulieren.

Und trotzdem: Schon bevor der offene Bruch kam, waren die Grenzen erkennbar. Musk hatte Trump demonstrativ seinen alten Twitter-Account zurückgegeben, ihm öffentlich die Hand gereicht. Doch Trump blieb auf Abstand. Er entschied sich, nicht zurückzukehren – nicht aus Prinzip, sondern aus Kalkül. Truth Social, seine eigene Plattform, ist zwar irrelevant im Vergleich zu X, aber sie gehört ihm allein. Ein Comeback auf Musks Plattform hätte bedeutet, sich fremder Kontrolle zu unterwerfen. Und Trump gibt keine Kontrolle ab. Diese Weigerung war ein stiller Machtkampf – die nun offene Eskalation nur der nächste Schritt.

Trump hat die Gefahr lange nicht erkennen wollen. Für ihn war Musk ein nützlicher Exzentriker, jemand, der seiner Bewegung Reichweite verschaffte, aber keine eigene Agenda verfolgte. Diese Illusion ist nun geplatzt. Der Bruch zeigt, dass Trump realisiert hat, was Musk wirklich ist: kein Fan, sondern ein Spieler mit eigenem Spiel. Und Musk wiederum lässt keinen Zweifel daran, dass er nicht länger bereit ist, dem Präsidenten die Bühne zu überlassen.

Denn wie andere Superreiche verfolgt Musk längst ein eigenes politisches Projekt – und Trump ist darin nicht das Ziel, sondern nur ein Werkzeug. Der eigentliche Hoffnungsträger dieses Lagers heißt J.D. Vance: jung, rhetorisch geschult, ideologisch weit rechts, aber strategisch flexibel. Einer, der sich anpassen kann. Einer, der bereit ist, sich von der alten Ordnung zu lösen, ohne ihre Wähler zu verlieren. Während Trump sich zunehmend in Wiederholungen verliert, spricht Vance davon, die Welt neu zu ordnen – und Musk hört genau hin.

Doch Vance steht vor einem Dilemma. Wenn er zu früh auf Distanz geht, verliert er den Rückhalt in Trumps Basis. Wartet er zu lange, verliert er den Anschluss an jene, die ihn schon jetzt als ihren Kandidaten sehen. Der Machtkampf zwischen Musk und Trump könnte somit zur entscheidenden Nagelprobe für Vances politische Zukunft werden – und zur tiefsten Zerreißprobe innerhalb der amerikanischen Rechten seit dem Aufstieg Trumps.

Bleibt also die Frage: Wer bestimmt am Ende über die Zukunft Amerikas – der Mann mit der Macht im Weißen Haus, oder der, der die Kanäle kontrolliert, durch die sie kommuniziert wird?