Der saudische Trugschluss

Putins Verhandlungstheater und Trumps Mitläufertum

In Riad, der Hauptstadt des autoritären Königreichs Saudi-Arabien, wird dieser Tage ein geopolitisches Schauspiel inszeniert, das kaum verschleiern kann, worum es tatsächlich geht: die systematische Aushöhlung der ukrainischen Staatlichkeit – koordiniert vom Kreml, abgesegnet vom Weißen Haus. Die in Riad begonnenen Gespräche über eine angebliche Feuerpause zwischen Russland und der Ukraine sind nicht der Auftakt zu einem Friedensprozess, sondern der nächste Akt im strategisch kalkulierten Vernichtungskrieg gegen die Ukraine. Und Donald Trump spielt dabei mit erschütternder Selbstgefälligkeit die Rolle des nützlichen Idioten Putins.

Putins Delegation: Imitation statt Substanz

Allein die Zusammensetzung der russischen Verhandlungsdelegation spricht Bände. Mit Grigori Karassin und Sergei Beseda schickt Moskau zwei abgehalfterte Apparatschiks ohne realen Einfluss, jedoch mit langjähriger Erfahrung in der imperialen Unterwanderung postsowjetischer Staaten. Karassin, einst zuständig für den postsowjetischen Raum, war immer schon ein ideologischer Wegbereiter für die Rückkehr Russlands zu den Grenzen von 1991. Und Beseda? Ein FSB-General, der für die Zerschlagung des Maidan zuständig war und heute als Schattenfigur des Repressionsapparats firmiert. Dass solche Figuren überhaupt nach Saudi-Arabien geschickt werden, beweist nur eines: Putin hat nicht das geringste Interesse an einem realen Waffenstillstand. Ihm geht es einzig darum, Zeit zu gewinnen – Zeit für neue Drohnenangriffe, für die weitere Zerstörung ukrainischer Energieinfrastruktur, für neue Offensiven gegen die freie Welt.

Die neue „Pendeldiplomatie“: Trumps Appeasement auf Schleichwegen

Keith Kellogg, Trumps Sonderbeauftragter für die Ukraine, fabuliert derweil von einem Pendeldiplomatie-Modell – inspiriert vom Istanbul-Abkommen, das damals mit Ach und Krach eine fragile Getreide-Ausfuhr ermöglichte. Der dann von Russland nicht eingehalten wurde. Am Ende verlor Russland sein Druckmittel und die Ukraine kämpfte sich den Export-Korridor mit Gewalt frei.

Doch heute geht es um weit mehr: Um die gezielte Schwächung der Ukraine durch eine Feuerpause, die nicht als Erleichterung, sondern als Fessel gedacht ist. Wenn die USA in Riad „zwischen den Räumen“ pendeln, stellt sich nicht die Frage, ob sie zwischen den Positionen vermitteln – sondern ob sie überhaupt noch eine eigene, an westlichen Werten orientierte, Position vertreten. Oder ob sie längst zum Sprachrohr russischer Desinformationsnarrative geworden sind – wie es Trumps Nahostverhandler Steve Witkoff jüngst im Interview mit Tucker Carlson offen vorführte.

Trumps Rolle: Der Mann, der Putins „Verhandlungsangebot“ nachplappert

Die Tatsache, dass die ukrainisch-amerikanischen Konsultationen vor den russischen Gesprächen stattfanden, wird in Washington nun als Fortschritt gefeiert. In Wirklichkeit jedoch ist diese Chronologie nur eine Fassade, hinter der ein zentraler Sachverhalt verborgen bleibt: Donald Trump drängt nicht Russland zum Einlenken, sondern versucht, die Ukraine weichzuklopfen. Seine Vision eines Waffenstillstands ist kein Weg zum Frieden, sondern eine Vorbereitung zur Demontage der ukrainischen Verteidigungskraft. Denn Putins Bedingungen – Einstellung der Mobilmachung, Abbruch westlicher Waffenhilfe, faktische Preisgabe ukrainischer Regionen – sind keine Verhandlungsangebote. Sie sind ein Fahrplan zur Kapitulation.

Ein Waffenstillstand als trojanisches Pferd

Sollte es tatsächlich zu einem Stillstand der Luftangriffe und einem gleichzeitigen „Friedensabkommen zur See“ kommen, ist die nächste Stufe vorprogrammiert: eine umfassende Waffenruhe, die mit massiven Zugeständnissen der Ukraine erkauft wird. Doch eine solche Einigung wäre keine diplomatische Meisterleistung – sie wäre die moralische Bankrotterklärung des Westens.

Denn Putins Preis für einen Waffenstillstand liegt längst auf dem Tisch: das Ende der Mobilisierung in der Ukraine und ein Verzicht des Westens auf militärische Unterstützung. Das wäre nichts anderes als die schleichende Entwaffnung der Ukraine – der erste Schritt zur endgültigen Zerschlagung ihrer Staatlichkeit. Wer darauf eingeht, macht sich zum Komplizen eines Genozids, der längst im Gange ist.

Fazit: Saudi-Arabien ist kein Verhandlungsort – sondern eine Kulisse

Was in Riad geschieht, ist kein diplomatischer Durchbruch, sondern ein durchinszeniertes Verhandlungstheater, das den Eindruck von Fortschritt erzeugen soll, während in Wirklichkeit der russische Vernichtungsfeldzug weiterläuft. Putin braucht keine Lösungen, er braucht nur Zeit. Und Trump liefert sie ihm – samt Bühne, Scheinwerferlicht und Applaus.

Der Westen muss sich entscheiden: Will er der Ukraine wirklich helfen, oder will er Putin ein Arrangement liefern, das als „Friedensplan“ getarnt ist, aber in Wahrheit nichts anderes ist als die Zerschlagung der europäischen Friedensordnung? Wer sich auf Putins Bedingungen einlässt, verrät nicht nur die Ukraine – er verrät auch die Idee der Freiheit selbst.