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Der "Ressourcen-Deal" ist eine Falle
Seine Ablehnung soll der Ukraine die Schuld zuschieben
Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine, hat klargestellt, dass er ein von der Trump-Regierung vorgelegtes Abkommen nicht unterzeichnen werde, falls es den europäischen Verpflichtungen seines Landes widerspreche oder gar den EU-Beitritt torpediere. Was auf den ersten Blick wie eine nüchterne juristische Klarstellung wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Teil eines zynischen Spiels, das die geopolitischen Realitäten dieses Krieges entlarvt.
Denn selbst wenn der Präsident das Abkommen unterzeichnen wollte – ohne eine Ratifizierung durch die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, bliebe es ohnehin rechtlich bedeutungslos. Und eine Mehrheit für dieses Machwerk zu finden, wäre völlig ausgeschlossen. Nur politische Illusionisten könnten glauben, dass sich für ein solches Dokument eine parlamentarische Legitimation herstellen ließe.
Doch genau diese Illusionisten scheinen heute Trumps außenpolitisches Umfeld zu prägen – ausgestattet mit einem Weltbild, das an kolonialistische Denkmuster des 19. Jahrhunderts erinnert. Der Vertragsentwurf, den ukrainische Medien öffentlich machten, verstößt nicht nur gegen die ukrainische Verfassung und geltende Gesetze, sondern unterläuft auch klar die europäische Integrationsperspektive des Landes.
Doch hier liegt nicht das eigentliche Problem. Denn dieser Text ist gar nicht ernsthaft als bindender Vertrag konzipiert. Vielmehr handelt es sich um ein Alibipapier, das einem klaren geopolitischen Zweck dient: Die Ukraine soll als Sündenbock herhalten für das Scheitern von Donald Trumps großspuriger Behauptung, er könne den russischen Angriffskrieg binnen 24 Stunden beenden.
Die angeblichen Vertragsklauseln – privilegierter Zugang amerikanischer Unternehmen zu ukrainischen Rohstoffen, Rückzahlung vormals geleisteter US-Hilfen mit Zinsen, Handelsblockaden gegenüber europäischen Partnern – lesen sich wie aus einem Handbuch wirtschaftlicher Fremdbestimmung. Doch ihre Absurdität legt den wahren Kern offen: Diese Punkte sollen Kiew zur Ablehnung zwingen. Die Ukraine muss ablehnen – damit Trump genau das behaupten kann, was er braucht: Dass Selenskyj unkooperativ sei, der Ukraine nicht geholfen werden könne, und die Schuld an der Fortdauer des Krieges nicht bei Moskau, sondern in Kiew liege.
In Wahrheit verfolgt Trump damit ein doppeltes Ziel. Erstens will er seine katastrophale außenpolitische Naivität kaschieren, nachdem ihn Wladimir Putin bereits zweimal öffentlich düpiert hat – erst bei einem gescheiterten Waffenstillstandsvorschlag, dann beim „Energie-Waffenstillstand“, der de facto nie umgesetzt wurde. Zweitens will Trump ein propagandistisches Fundament für eine neue strategische Öffnung Richtung Moskau legen – in der Hoffnung, Putin aus der Allianz mit China herauszubrechen.
Dass diese Annäherung an Putins Regime nicht nur illusorisch, sondern geopolitisch fatal wäre, interessiert Trump offenbar nicht. Sein persönliches Kalkül steht über jeder westlichen Sicherheitslogik. Und damit droht er – wie so oft – nicht nur das moralische Fundament der amerikanischen Außenpolitik zu untergraben, sondern auch die transatlantische Einheitsfront gegenüber dem imperialistischen Expansionismus Russlands zu zersprengen.
Das sogenannte Abkommen dient also einzig dem Zweck, eine Erzählung zu konstruieren, in der die Ukraine als Blockierer erscheint – um Trumps offenkundige Niederlagen gegenüber Putin umzudeuten. Es ist ein Theaterstück für die heimische Bühne, nicht Teil eines außenpolitischen Realismus.
Während Putin als imperialer Plünderer auftritt, inszeniert sich Trump als getäuschter Wohltäter – und will dabei vergessen machen, dass seine Politik in Wahrheit antiukrainisch, antidemokratisch und zutiefst opportunistisch ist.
Für Kiew bleibt in dieser Lage nur eine Strategie: Zeit gewinnen. Jede Woche, in der Trump nicht erneut mit diplomatischem Verrat aufwartet, ist ein taktischer Sieg. Denn weitere militärische Unterstützung wird aus dieser Richtung kaum kommen – entscheidend ist, das letzte Paket der Biden-Administration effizient zu nutzen.
Und sobald es ausgeschöpft ist, sollte man dem Mann im Weißen Haus, falls er dann noch dort sitzt, endlich offen sagen, was von seiner imperialen Pose und seiner Komplizenschaft mit dem Kreml zu halten ist.