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China gegen Amerika
Ein Handelskrieg mit systemischem Zündstoff
Mit dem jüngsten Paukenschlag aus Peking hat sich das Verhältnis zwischen der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten endgültig in ein Stadium systemischer Konfrontation katapultiert. Ein neuer, aggressiver Strafzoll auf sämtliche US-Waren – satten fünfzig Prozent obendrauf – soll den Anschein erwecken, dass China der wirtschaftlichen Eskalationspolitik Donald Trumps Paroli bieten könne. In Wirklichkeit aber offenbart dieses Vorgehen, wie tief die Führung in Peking in der Defensive steckt – ökonomisch wie politisch.
Autokraten gegen die liberale Ordnung
Was sich hier abzeichnet, ist weit mehr als nur ein Handelsdisput zwischen zwei Großmächten. Es ist ein Stellvertreterkrieg der Systeme: Hier das autoritär-kapitalistische China, das seine inneren Krisen nach außen zu exportieren versucht. Dort die Vereinigten Staaten, deren Präsident sich mit ökonomischem Muskelspiel als „Deal-Maker“ inszeniert, aber in Wahrheit eine destruktive Weltpolitik auf Kosten der liberalen Ordnung betreibt. Xi Jinping wie Donald Trump agieren als Totengräber der globalen Kooperationsarchitektur – jeder auf seine Weise.
Trumps Eskalation und Pekings Reaktion
Donald Trump hat mit einem willkürlichen Zolldiktat, das nicht nur China, sondern auch enge Verbündete trifft, den Welthandel zur Geisel seiner innenpolitischen Inszenierung gemacht. Der US-Finanzminister bezeichnet Peking als größten Rechtsverletzer des Welthandels – nicht ganz zu Unrecht, angesichts erzwungener Technologieabgaben und politisch kontrollierter Märkte. Doch die chinesische Antwort – eine plakative Zollkeule – dient weniger der Verteidigung fairer Marktregeln, sondern dem Versuch, die eigene Bevölkerung mit einem außenpolitischen Feindbild zu einen.
Xi Jinping braucht diesen Konflikt. Die chinesische Wirtschaft schwächelt, das Vertrauen in die omnipotente Führung der KP erodiert. Statt einzugestehen, dass die eigenen politischen Dogmen – ob Lockdowns oder Parteikontrolle über die Wirtschaft – für den Abstieg verantwortlich sind, soll nun der „feindliche Westen“ als Sündenbock herhalten.
Eine asymmetrische Eskalation
Die chinesische Führung setzt dabei auf einen gefährlichen Mechanismus: Die bewusste Verlagerung von Schuldzuweisungen nach außen soll innere Unruhen abwenden – auch um den Preis wachsender Instabilität auf dem Weltmarkt. Doch die asymmetrische Struktur des Welthandels rächt sich. Peking liefert weit mehr Waren in die USA als umgekehrt. Zwar trifft Trumps Zollpolitik auch amerikanische Konsumenten, die sich nun auf spürbar steigende Preise einstellen müssen – doch Xi hat weit mehr zu verlieren.
Trotzdem rechnet die KP-Führung damit, dass soziale Verwerfungen in einer offenen Gesellschaft wie der US-amerikanischen schneller zu politischem Druck führen als in ihrem eigenen Überwachungsstaat. Was sich hier offenbart, ist die zynische Hoffnung, dass eine demokratische Regierung den längeren Atem verliert – während in China das Regime seine Repression perfektioniert.
Potenzielle militärische Brandherde
Noch handelt es sich um einen ökonomischen Konflikt. Doch die Zeichen mehren sich, dass daraus rasch eine militärisch zugespitzte Konfrontation entstehen könnte. Die Präsenz amerikanischer Kriegsschiffe im Umfeld des Panamakanals – im Kontext gemeinsamer Manöver mit Panama – mag harmlos erscheinen, doch in Peking wird sie sicher als symbolische Machtdemonstration gelesen. Im asiatisch-pazifischen Raum begegnen sich bereits jetzt chinesische und amerikanische Flotten in alarmierender Nähe. Die nächste Provokation könnte zur Eskalation führen.
Ölpreis und geopolitische Erschütterungen
Ein kaum beachteter Nebeneffekt dieses Handelskriegs ist der dramatische Verfall der Ölpreise. Für Russland, den wichtigsten Energieexporteur unter den Autokratien, bedeutet dies: Weniger Einnahmen für seinen Krieg gegen die Ukraine. Doch global betrachtet destabilisiert der Preisverfall auch andere fragile Staaten. Es droht ein Dominoeffekt politischer Krisen – Aufstände, Revolutionen, regionaler Zerfall. Der Handelskrieg zwischen China und den USA könnte zum weltweiten Brandbeschleuniger werden.
Kein Wille zur Deeskalation
Was diesen Konflikt besonders gefährlich macht: Keine der beiden Seiten hat erkennbar Interesse an Deeskalation. Weder Trump noch Xi Jinping zeigen Bereitschaft zu echten Verhandlungen. Stattdessen drohen neue Vergeltungsmaßnahmen, neue Zollspiralen – mit möglicherweise tödlichen Folgen für das Weltwirtschaftssystem. Sollte sich Europa, getrieben vom Unmut über Trumps Handelskriege gegen die EU, auch noch auf die Seite Chinas schlagen, droht der völlige Zerfall westlicher Solidarität.
Fazit: Konfrontation ohne Kompass
Die Welt rutscht in einen kalten Wirtschaftskrieg, der jederzeit heiß werden kann. In der Konfrontation zwischen einer autoritären Weltmacht und einer populistischen Großmacht, deren Präsident den Kompass der liberalen Demokratie längst verloren hat, fehlt jede verantwortliche Instanz. Der Westen muss sich endlich seiner Systemrolle bewusst werden. Ein Rückzug auf bloße Interessenpolitik ist keine Option – es steht das Überleben der offenen Gesellschaften auf dem Spiel. Das mindeste wäre: Kein Appeasement mehr gegenüber der autoritären Fassade Chinas – und kein blanko Vertrauen in die toxische Ego-Politik Donald Trumps.