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American Greenland
Trump und Vance greifen erneut Grönland an
Donald Trump und sein Gefolge intensivieren aktuell ihre groteske Eskalation rund um Grönland. Dass ausgerechnet Usha Vance, die Ehefrau des US-Vizepräsidenten, gemeinsam mit dem nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz und Energieminister Chris Wright zu einem angeblich „privaten“ Besuch aufbricht, offenbart einmal mehr die zynische Inszenierung, mit der die Trump-Regierung geopolitische Machtpolitik betreibt (PS: J.D. Vance gab Dienstag Abend an, sich der Reise anzuschließen - seine Frau soll “all den Spaß nicht für sich alleine haben”).
Niemand kann ernsthaft glauben, dass ein derartiges Trio lediglich Grönlands Kultur bestaunen möchte. Vielmehr soll hier offensichtlich ein Einschüchterungssignal gesetzt werden, eine unmissverständliche Erinnerung daran, dass sich die Grönländer den Wünschen des amerikanischen Präsidenten fügen sollten.
Das Spektakel erinnert frappierend an die frühere PR-Show Donald Trump Juniors in Nuuk, bei der er vergeblich versuchte, Einheimische für die Idee eines Anschlusses an die USA zu begeistern. Seitdem haben die Grönländer unmissverständlich klargestellt, dass sie nicht Teil eines amerikanischen Imperiums werden wollen. Die jüngsten Parlamentswahlen brachten Parteien den Sieg, die eine schrittweise Unabhängigkeit anstreben, während die pro-amerikanische Minderheit kaum die Ein-Prozent-Marke erreichte. Doch Trump ignoriert solche demokratischen Realitäten und verfolgt eine Strategie, die fatal an die Vorgehensweise von Wladimir Putin bei der Annexion der Krim erinnert.
Putins bekannte Methode – eine Region zunächst in eine inszenierte Unabhängigkeit zu treiben und danach mittels eines fingierten Referendums an Russland anzugliedern – scheint für Trump mittlerweile Vorbildcharakter zu besitzen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Agieren seines Sondergesandten Steve Witkoff, der tatsächlich Putins manipulierte Referenden als legitime Abstimmungen verkauft. Damit bereitet Witkoff faktisch den ideologischen Boden für ähnliche völkerrechtswidrige Aktionen Washingtons gegenüber Gebieten, die Trump unter seine Kontrolle bringen möchte.
Allerdings stößt Trumps zynisches Kalkül in Grönland auf harte Realität. Eine transparente Abstimmung würde seine Annexionsträume zweifellos platzen lassen, denn die Grönländer kennen ihr eigenes Interesse genau: Sie wollen nicht dasselbe Schicksal erleiden wie einst die indigene Bevölkerung Alaskas, die von neuen amerikanischen Siedlern verdrängt wurde. Sollte Trump sich dennoch zu einem militärischen Vorgehen hinreißen lassen – einem Szenario, das zwar unwahrscheinlich, aber keineswegs unmöglich erscheint –, wäre dies der Todesstoß für die NATO und die gesamte euro-atlantische Sicherheitsarchitektur.
Umso beunruhigender ist es, dass europäische Politiker gegenüber Trumps Drohgebärden bislang nur verhaltene Gegenwehr zeigen. Grönlands Premierminister Mute Egede kritisierte kürzlich zu Recht, dass jene, die eigentlich für die Verteidigung der grönländischen Souveränität zuständig wären, viel zu leise auftreten. Zwar reagierte Brüssel mit einer prompten verbalen Solidaritätserklärung, doch die entscheidende Frage bleibt offen: Wie weit wäre die EU tatsächlich bereit zu gehen, wenn Trump zur militärischen Intervention greifen sollte?
Noch scheint Washington eher darauf zu spekulieren, Grönland mittels finanzieller Verlockungen zur freiwilligen Unterordnung bewegen zu können. Und genau hierin zeigt sich erneut ein grundlegender Irrtum der Trumpisten: Ihre völlige Ignoranz gegenüber kultureller Identität, nationalem Stolz und Selbstachtung kleinerer Nationen. Trump reduziert sämtliche internationalen Beziehungen auf geschäftliche Transaktionen – ein gefährlicher Ansatz, der autoritären Regimen wie Russland Vorschub leistet.
Trumps Philosophie, wonach die Schwächeren sich den Stärkeren unterwerfen müssen, deckt sich haargenau mit jener Putins. Noch im Ukraine-Krieg äußerte Trump Unverständnis dafür, dass die Ukrainer einem „mächtigeren“ Russland überhaupt Widerstand leisten. Wenn für Trump bereits ein Land wie die Ukraine mit 40 Millionen Einwohnern kein legitimes Recht auf Verteidigung besitzt, betrachtet er die wenigen zehntausend Grönländer vermutlich nur noch als lästiges Hindernis auf seinem imperialen Weg.
Solche gefährlichen Fehleinschätzungen könnten der Tropfen sein, der das Fass endgültig zum Überlaufen bringt – mit fatalen Folgen für die transatlantische Gemeinschaft und die globale Stabilität. Der Rest-Westen darf diesen Angriff auf die Grundlagen der liberalen Weltordnung keinesfalls dulden. Sonst droht der totale Zerfall jener Strukturen, die seit Jahrzehnten Garant für Frieden, Freiheit und Sicherheit sind.